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Unseriöse Quellen, fragwürdige Methodik: Marktzahlen der DHS und der Universität Bremen weiterhin falsch

Unseriöse Quellen, fragwürdige Methodik: Marktzahlen der DHS und der Universität Bremen weiterhin falsch

16. Juni 2023

Im "Jahrbuch Sucht 2023" der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) wurden fehlerhafte Zahlen zur Größe des Sportwettenmarktes in Deutschland präsentiert. Ursprünglich gab die DHS den Umsatz für 2021 mit 18,3 Milliarden Euro an, was eine angebliche Steigerung von 409,6% darstellen sollte. Tatsächlich betrugen die Wetteinsätze im Jahr 2021 jedoch 9,4 Milliarden Euro, was einer Steigerung von 21% im Vergleich zum Vorjahr entspricht.

Obwohl der Deutsche Sportwettenverband (DSWV) die Fehler aufgezeigt und die korrekte Berechnungsweise vorgelegt hat, verwendet die DHS in der überarbeiteten Version des Beitrags „2.4 Glücksspiel – Zahlen und Fakten“ im Jahrbuch Sucht 2023 immer noch die falsche Umsatzangabe von 18,257 Milliarden Euro (vgl. Tabelle 1, S. 92).

Der verantwortliche Autor, Prof. Dr. Gerhard Meyer von der Abteilung „Gesundheit & Gesellschaft“ des Institutes für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen, hat die Zahl basierend auf einem Bruttospielertrag von 1,3 Milliarden Euro und einer angeblichen Auszahlungsquote der Sportwettenanbieter von 93% berechnet. Diese Quote ziehe er aus “vorliegenden Vergleichen” (vgl. Tab. 1, S. 92). Leider sind die Quellen für die Vergleiche im Beitrag in der Studie selbst nicht angegeben, dafür jedoch im Hinweis zur Korrektur, der auf der Homepage der DHS erschienen ist. Die Quellen für diese Vergleiche (fussballwetten.com, sportwettentest.net, wettanbieter.de) sind jedoch fragwürdig und nicht für eine wissenschaftliche Studie geeignet:

  • Die Internetseite fussballwetten.com hat ein unvollständiges Impressum, die für die Seite verantwortliche Person oder das dahinterstehende Unternehmen sind nicht zu ermitteln. Bei genauerer Betrachtung der Seite lässt sich auch eine Vermutung aufstellen, wieso das Impressum unvollständig ist: Die Seite betreibt Werbung für in Deutschland illegales Glücksspiel. Von den dort empfohlenen “TOP 10 der Wettanbieter” verfügt kein einziger über eine Erlaubnis in Deutschland. Laut der Internetseite könnten Buchmacher auch mit Lizenzen aus Curaçao legal und sicher Wetten anbieten. Dies trifft auf Deutschland nicht zu und eine solche Aussage legt die Axt an jegliche Bemühungen, einen legalen und sicheren Sportwettenmarkt in Deutschland zu schaffen.

  • Der Autor der beiden weiteren Webseiten (sportwettentest.net, wettanbieter.de) wird nur mit dem Vornamen “Heinz” angegeben. Dessen Aussagen zu den Ausschüttungsquoten (also der Anteil vom Spieleinsatz, den ein Wettanbieter seinen Kunden als Gewinn wieder auszahlt) sind sehr verkürzt. Diese variieren nämlich von Anbieter zu Anbieter und von Wette zu Wette. Sie werden durch eine Reihe von Faktoren – wie z.B. der Wettbewerbsintensität, der Steuerbelastung, der Kostenstruktur und der Risikobereitschaft eines Buchmachers sowie dem Spielverhalten seiner Kunden – determiniert. Beispielsweise sind große Differenzen zwischen dem Online-Markt (tendenziell höhere Ausschüttungen) und Wett-Shops (tendenziell geringere Ausschüttungen) zu verzeichnen. Ein Buchmacher, dessen Kunden überwiegend Kombinationswetten spielen, hat eher eine geringere Gewinnausschüttung als ein Buchmacher, der viele Einzelwetten erhält. Die Ausschüttungsquoten können auch beim gleichen Anbieter von Monat zu Monat variieren. Jedenfalls ist die von “Heinz” angegebene und von Prof. Meyer in seiner Berechnung übernommene Ausschüttungsquote von 93 % keine realistisch anzunehmende durchschnittliche Ausschüttungsquote (zumal bei der in Deutschland hohen Steuerlast von 5,3% auf jeden Wetteinsatz).

Es ist bedauerlich, dass am Bremer Institut für Public Health und Pflegeforschung, das für sich in Anspruch nimmt, Glücksspielforschung zu betreiben, Quellen wie ‘Heinz aus dem Internet’ als Grundlage wissenschaftlicher Arbeit herangezogen werden.

Dabei gibt es mit den vom Bundesministerium der Finanzen monatlich veröffentlichten kassenmäßigen Steuereinnahmen und der bekannten Wettsteuer in Höhe von 5,3% auf jede abgegebene Wette eine verlässliche Berechnungsgrundlage, die für jeden nachvollziehbar ist und ein gesichertes Ergebnis über die Größe des legalen Sportwettenmarktes in Deutschland liefert.

Auch die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) hat in ihrer Pressemitteilung vom 16.03.2023 diese Messgröße bestätigt und zum Ausdruck gebracht, dass die gemeldeten Steuerzahlungen zu 95% von regulierten Anbietern stammen.

Die kumulierten Wetteinsätze haben demzufolge im Jahr 2021 9,4 Mrd. Euro betragen. Diesen Rechnungsweg hat der DSWV in der ersten Korrekturaufforderung gegenüber der DHS und Herrn Prof. Dr. Meyer dargelegt.

Der Deutsche Sportwettenverband fordert daher erneut eine Korrektur und Richtigstellung durch die DHS und Prof. Dr. Meyer.

Vielleicht schon mal als Hinweis für die Vorbereitung für das neue Jahrbuch Sucht: Im Jahr 2022 sind die Wetteinsätze der Sportwettanbieter entsprechend der veröffentlichten Zahlen des Bundesfinanzministeriums auf 8,2 Mrd. Euro (-13%) gesunken.

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