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„Ich kann den Kommunen nur abraten, eine Wettbürosteuer zu erheben“

„Ich kann den Kommunen nur abraten, eine Wettbürosteuer zu erheben“

Als erste Kommune in Nordrhein-Westfalen erhebt Hagen eine Wettbürosteuer. Einige Städte wollen nachziehen. Doch Rechtsexperte Prof. Dr. Dieter Birk kritisiert das Konzept und bezweifelt die Verfassungsmäßigkeit.

Professor Dr. Dieter Birk war bis 2011 Professor für Staatsrecht, Verwaltungsrecht und Steuerrecht sowie Direktor des Instituts für Steuerrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Er war Richter im Nebenamt am Finanzgericht Münster und hat Forschungsaufenthalte in den USA, Großbritannien, Frankreich und Japan absolviert. Er ist Autor von zahlreichen Standardwerken zum Steuerrecht und Co-Autor des bei C.H. Beck erschienenen Kommentar „Glücksspielrecht“.

Wettbürosteuer – Fragen an Professor Dr. Dieter Birk


DSWV: Ist die Wettbürosteuer rechtskonform?Birk: Die Wettbürosteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer und damit nach dem Grundgesetzt zulässig – allerdings nur unter engen Vorraussetzungen. Denn sie darf nicht gleichartig sein mit bundesrechtlichen Aufwandsteuern. Und da ist ein großes Problem: Die Wettbürosteuer ist gleichartig mit der Sportwettensteuer.

DSWV: Welche gleichheitsrechtlichen Bedenken bestehen konkret?

Birk: Wir haben eine Unterscheidung zwischen steuerpflichtigen Wettbüros und Wettannahmestellen, die steuerbefreit sind. Diese Unterscheidung ist verfassungswidrig. Denn der Gesetzgeber sieht hier ohne triftigen Grund unterschiedliche Belastungsfolgen vor.

DSWV: Wie ist der Steuermaßstab von 200 Euro je angefangenen 20 Quadratmetern pro Monat zu bewerten?

Birk: Der hier angewandte Flächenmaßstab ist natürlich viel zu pauschal und bildet den Aufwand nicht ab. Dabei sollte der Gesetzgeber eigentlich einen realtitätsgerechten Maßstab wählen. Das wäre in diesem Fall die Höhe der Wetteinsätze. Bei der Biersteuer wird ja beispielsweise auch die Menge des ausgeschenkten Biers bemessen – und nicht die Fläche des Lokals. Warum das so ist? Darüber kann man nur rätseln. Mein Antwort wäre: Der Gesetzgeber nimmt die Fläche, um die bunderechtlich geregelte Sportwettensteuer nicht exakt zu kopieren. Dann wären wir sofort ganz offensichtlich im bereits angesprochenen Gleichartigkeitsverbot. Davon will man sich absetzen.

DSWV: In welchem Verhältnis stehen hier Steuerrecht und Ordnungsrecht?

Birk: Sportwetten haben sich lange Zeit im illegalen Bereich abgespielt. Der Glücksspielstaatsvertrag sieht Konzessionen für private Anbieter vor. In diesen Prozess wird durch die Wettbürosteuer negativ eingegriffen. Denn jetzt werden Wettbüros durch diese zusätzliche Steuer möglichwerweise vom Markt verdrängt. Dabei sollten sie doch in die Legalität geführt werden.

DSWV: Kann die Wettbürosteuer Suchtprävention leisten?

Birk: Ob dieser Lenkungszweck erreicht wird, ist sehr umstritten. Wenn überhaupt, dann ist der Effekt sehr gering. Das Problem dabei ist: Wählt man eine Steuer, die diesen Zweck erreicht, dann ist die Wette kaputt, und die Wettbüros müssten verschwinden. Das wäre verfassungsrechtlich nicht zulässig. Zudem würden die Einnahmen wegbrechen. Der Gesetzgeber ist ja selber daran interessiert, dass die Wettbüros weiter bestehen. Man sollte den Lenkungszweck also nicht überbewerten. Meistens steht die Haushaltssanierung im Vordergrund.

DSWV: Was raten Sie den Kommunen?

Birk: Wenn die Wettbürosteuer von Seiten vieler Kommunen erhoben wird, folgt eine Reihe von Verfahren. Da es sich um verfassungsmäßige Bedenken handelt, ist der Ausgang naturgemäß unsicher. Die Risiken sind gravierend. Ich kann den Kommunen nur abraten, eine Wettbürosteuer zu erheben.

DSWV: Wird die Wettbürosteuer Bestand haben?

Birk: Es gibt gute Chancen, die Verfassungswidrigkeit der Wettbürosteuer vor Gericht nachzuweisen und sie zu Fall zu bringen.

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